Flugmodellbau
  Artikel Thermiksense
 
Stand: 03.11.2021

Artikel von Heinz Unger, Verstorben 2017
 

Thermiksense 2/2008, Seite 28 + 29


 

Schwanzlose Segelflugmodelle

mit vorgepfeilten Flügeln - Mut zur Weiterentwicklung? / Heinz Unger


 

Die Abbildungen zeigen schwanzlose Segelflugmodelle mit vorgepfeilten Flügeln, die in einer dreißigjährigen Entwicklungsarbeit entstanden sind! Am Anfang stand nur mein Wissen um Versuche anderer Entwickler, die aber sämtlich erfolglos verlaufen sind. Auch mein erstes Modell dieser Art, das ich Anfang 1957 gebaut hatte, war zum Misserfolg verdammt, weil ich zuviel auf einmal wollte, nämlich gute Stabilität um alle drei Achsen und gute Leistungen. Aber schon das zweite Modell, bei dem ich mich nur auf das Erzielen guter Flugstabilität beschränkte, flog im Spätherbst 1957 nach einem Hochstart mit 50m-Leine in einem stabilen Kreisflug mit ansprechender Sinkgeschwindigkeit.

Das Modell hatte bereits die charakteristischen Konstruktionsmerkmale, d.h. einen zur Flügelmitte hin geschränkten Flügel, mit stetiger Verbreiterung der Flügeltiefe im geschränkten Teil. Der Außenflügel besaß bis zum Knick ungeschränkt das gleiche Flügelprofil mit einem kleinen cmo Wert. Im trapezförmigen Innenteil war der Flügel geometrisch um -6° geschränkt und aerodynamisch auf das S-Schlagprofil NACA M 60 mit verlängerter Hinterkannte übergestraakt. Das ergab sichere Längsstabilität. Zur Querstabilisierung wurde nur das trapezförmige und leicht zurück gepfeilte Ohr um 30° hochgezogen. Das bis zum Knick gerade Flügelmittelstück in Verbindung mit dem hochgezogenen Ohr kompensierte das negative Schieberollmoment des vorgepfeilten Flügels. Günstig wirkte sich sicherlich auch die V-Stellung der Ohren vor der Flugzeugquerachse aus. Das sechste Modell dieser Versuchsreihe war vom geschränkten Innenteil ab mit dem Profil N60Rausgestattet. Auch das auf -6° geschränkte Innenteil besaß das gleiche Profil. Der im Bild zu erkennende Turbulenzfaden zur Verbesserung der Auftriebs-, Widerstands- und cmo - Werte erwies sich im Nachhinein als überflüssig und wurde später weggelassen. Das Modell wurde später von Manfred Rennecke, Braunschweig zu einem RC - gelenkten Elektromodell umgebaut und fliegt nach über 40 Jahren noch immer. Als magnetgesteuertes Modell ist es durchaus „idiotensicher" und kann zum Nachbau empfohlen werden. Um festzustellen, ob ein vorgepfeiltes Modell auch mit einfacher V-Stellung querstabil zu kriegen ist, baute ich 1960 mit meinem Freund Werner Reyer in Saarbrücken das in Abb. 1 gezeigte Modell. Die Flügel wurden über Aluzungen, die beliebig biegbar waren, am Rumpf befestigt. Bei den Flugversuchen, die wir Pfingsten 1960 auf der Wasserkuppe vornahmen, zeigte sich, dass der Vogel wegen seines großen negativen Schieberollmoments sofort nach dem Start über eine halbe Rolle in den Boden schoss, wenn die V - Stellung zu klein war. Nach Vergrößerung derselben trat ein sich aufschaukelndes Taumeln ein, das nach einigen Schwingungen ebenfalls zum Absturz führte. Wir hatten dieses Verhalten vermutet und deshalb im äußeren Viertel der Flügel Trennstellen vorgesehen. In diese Trennstellen bauten wir vorbereitete Balsakeile ein, die eine V-Stellung der Ohren von +30° ergaben. Nach dieser baulichen Änderung flog das Modell sofort querstabil. Das Modell Nr. 5 der ersten Baureihe erzielte Pfingsten 1962 einen fünften Platz. Leider geriet es beim letzten Flug nach 30 sec außer Sicht, kam dann aber wieder in den Sichtbereich meiner beiden Zeitnehmerinnen und landete nach mehr als 300 sec in einem Baum. Diese Zeit hätte zu meinem zweiten deutschen Meistertitel in dieser Klasse gereicht, gewertet werden durften aber leider nur 30 sec.

Die nächste Versuchsreihe begann ich mit einem Balsagleiter von 80 cm Spannweite ohne Zurückpfeilung der Ohren. Die Flugleistung und die Stabilität waren so gut, dass ich sofort den Bau eines Magnetseglers mit ca. 2,50 m Spannweite in Angriff nahm. Flügelform, V - Stellung der Ohren entsprachen schon dem zuletzt gebauten Modell (Abb. 2). Bei einem Vorführungsflug auf dem Monte Tomba 1967 legte das Modell eine Flugstrecke von mehreren Kilometern zurück und ging bei einem weiteren Vorführungsflug in Südtirol nach mehr als 10 min im Reschensee buchstäblich baden. Beim Einfliegen der Weiterentwicklung dieses Modells mit gleichen Abmessungen und Profilen aber einer Dreiteilung des Flügels kippte das Modell stets über den Schwanz ab. Ursache für die Durchströmung von der Druck- zur Saugseite war der Schlitz zwischen Außen- und Innenflügel. Nach Zukleben der Schlitze flog das Modell sofort stabil. 1973 errang das Modell beim Europapokalfliegen in Arosa mit 1122 sec den dritten Platz und ging nach dem letzten Flug im Wald verloren. In den Außenflügeln hatte ich das Profil Gö 612, im Innenflügel Gö 612 auf NACA N60R übergestraakt mit einer stetigen Schränkung auf -6°.

Für schriftliche und fernmündliche Auskünfte über diese Vögel stehe ich gerne zur Verfügung. Meine Anschrift: Heinz Unger, Deinerlindenweg 7, 37574 Einbeck, 05561 / 9243824 oder 05121 / 267361.





Bild 1





Bild 2


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